DER SPIEGEL: 88 Kilo Pech

DER SPIEGEL / Ausgabe 43/2010 / Autorin: Kerstin Kullmann

Gesundheit
88 KILO PECH

Mehr als sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind so dick, dass man sie als fettsüchtig bezeichnet. Ärzte an der Berliner Charité versuchen, ihnen beim Abnehmen zu helfen. Verantwortlich für das Übergewicht sind nicht die Kinder, sondern die überforderten Eltern.

Im Alter von zehn Jahren hatte Vivian sich damit abgefunden, dass es nur zwei Wege gibt, wie ihr Tag enden kann. Welcher Weg es war, entschied sich meist am Nachmittag, wenn die Mutter im Wohnzimmer ihren Platz am Computer verließ. Ihre Lust, sich in der Welt der Chat-Foren nach neuen Freunden umzusehen, war gestillt. Ihr Ärger, sich in der Welt ihrer fünf Kinder wiederzufinden, wuchs. Eines der Kinder würde dafür büßen müssen. Ging die Mutter an Vivians Zimmer vorbei, ohne die Tür zu öffnen, konnte das Mädchen seine Schularbeiten machen, sich später ein paar Brote schmieren und bis zum Schlafengehen in den Fernseher neben seinem Bett schauen. So endete ein Tag, wenn Vivian Glück hatte.

Kam die Mutter ins Zimmer, gab es einen schlimmen Streit. Danach schmierte sich Vivian kein Brot, sondern holte sich Gummibären, Kinderpinguin und eine Fünfer-Packung Milchschnitten. Sie stopfte sich die Backen voll und schaute dann ebenfalls fern. So endete ein Tag, wenn Vivian Pech hatte.

Sechs Jahre später ist Vivian 16 Jahre alt, 1,73 Meter groß und 88 Kilo schwer. Sie hat mehr Pech als Glück gehabt. Bis man ihr geholfen hat, ist sie fast geplatzt. …

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