Dickenfeindlichkeit ist…

von Malena Glück
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Dickenfeindlichkeit ist der Ekel, den man vor dem Dicksein und damit vor dicken Personen empfindet. Dickenfeindlichkeit ist die Herabwürdigung dicker Frauen, durch die Annahme jeder Mensch hätte diesen Ekel gegenüber Fett zu empfinden. Die Gesellschaft ist ja generell der Überzeugung frau hätte sich vor Vielem zu ekeln – zum Beispiel vor ihren Schamhaaren, den Haaren auf den Beinen und unter den Achseln, vor Zellulitis (etwas das im Übrigen nicht nur dicke Frauen »befällt«) und vor zu kleinen oder zu großen Brüsten, Hintern oder Beinen. Damit werden alle Frauen dazu verpflichtet, sich vor sich selbst zu ekeln und Ekel gegenüber anderen Frauen zu entwickeln.

Dickenfeindlichkeit ist die Anfeindung, der dicke Frauen ausgesetzt sind, sobald sie versuchen, sich so zu lieben wie sie sind. Dicke Frauen sollen sich unglücklich, ungesund, hässlich und ungeliebt fühlen. Damit ist Dickenfeindlichkeit die allgemeine Meinung, dass man sich als Dicke schlecht zu fühlen hat und man doch gefälligst zumindest den Wunsch haben müsse abzunehmen.

Dickenfeindlichkeit ist somit auch jeder »gut gemeinte Rat« bezüglich dieses Abnehmens. Darunter fallen alle aufgezwungenen Diätvorschläge, Ernährungsvorschriften und Sport- bzw. Bewegungspläne. Jetzt fragen sich sicher einige, warum das dickenfeindlich ist – ganz einfach, weil es sich der Vorstellung bedient, jede Dicke müsse den Wunsch haben abzunehmen, dünn zu sein um sich »wohler« zu fühlen. Man geht also davon aus, sie (die Dicke) fühle sich so wie sie ist nicht wohl. Diese unbewusste Annahme ist dickenfeindlich. Denn sie suggeriert jeder Dicken sie dürfe sich nicht so wohl fühlen wie sie ist.

Ist das denn wirklich so, dass Dicke sich unwohl fühlen? Warum fühlen sich einige (und nicht alle Dicken) unwohl und muss das denn wirklich so sein? Ist es nicht viel eher die gesellschaftliche Diskriminierung, die Dickenfeindlichkeit, die dicke Frauen dazu bringt sich unwohl zu fühlen und sich selbst zu verachten? Würde es nicht besser sein, wenn es uns wirklich um das Wohlgefühl dicker Frauen ginge, wenn wir sie in ihrer Selbstachtung unterstützen und sie nicht ständig dazu auffordern würden sich selbst zu hassen, sich vor sich selbst zu ekeln?

Dickenfeindlichkeit schließt Dicke aus der Gesellschaft aus und sorgt dafür, dass Dicke sich selbst verachten. Denn sie suggeriert Dicken, dass sie so wie sie sind nicht gut sind – sie müssen erst abnehmen oder zumindest abnehmen wollen, um in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Dickenfeindlichkeit ist die Meinung, Dicksein sei eine Krankheit, die »geheilt« werden müsse. Genauso ist auch die Meinung, dass Dicksein eine Disziplinlosigkeit sei, die man nicht dulden dürfe und bestrafen müsse, dickenfeindlich. Dickenfeindlichkeit zeigt sich in allen Vorurteilen gegen Dicke, die ohne hinterfragt zu werden als Tatsachen in vielen Köpfen bereits feststehen – so sind Dicke angeblich faul, verfressen und dumm.

Dickenfeindlichkeit steckt nicht nur in spöttischen Bemerkungen oder in gewalttätigen Übergriffen – Dickenfeindlichkeit steckt in der Werbung und in Filmen und zwar indirekt durch die Verpflichtung gegenüber einem Schönheitsideal, das Dicke verachtet. Das geltende Schönheitsideal spricht unter anderem dicken Frauen ihre Schönheit ab (auch alten oder kranken Frauen bzw. Frauen mit einer Behinderung wird die Schönheit abgesprochen). Weder in der Werbung noch in Filmen sind dicke Frauen mit Würde vertreten – sondern sie sind zumeist Vorzeigefiguren des Spotts. Dicke Frauen sind aber weder eine Belustigung anderer noch sind sie schwach. Dicke Frauen sind schön, sie sind sobald sie ihre eigene Schönheit, Stärke und Vollkommenheit erkennen, eine Bedrohung – die klein gehalten werden muss. Nur so lässt sich der Umgang mit dicken Frauchen erklären und vor allem der Umgang mit dicken Frauen, die von sich aus beschlossen haben auf die gesellschaftliche Vorschrift »Abzunehmen« zu pfeifen. Dickenfeindlichkeit gegenüber Frauen dient dazu Frauen zu unterdrücken und sie ihrer Stärke zu berauben.

Dickenfeindlichkeit hat viele Gesichter – lass uns dein Gesicht nicht auch noch dazu zählen müssen. Zeige du Dickenfreundlichkeit! Dickenfreundlichkeit ist die Unterstützung zur Selbstachtung und die Anerkennung der körperlichen Vielfalt und nicht ein Verweis auf neue Diäten oder kaschierende Kleidung. Es geht bei Dickenfreundlichkeit um Selbstermächtigung und Selbstbestimmung jeder einzelnen Frau und sie ist demnach auch ein wesentlicher Schritt für die Emanzipation jeder Frau auf der Welt.

4 Gedanken zu „Dickenfeindlichkeit ist…

  1. Tausend Dank für diesen Artikel. Seit meiner Volksschulzeit wurde ich in Diäten hineingetrieben, die ich alle schlecht vertragen habe. Wäre ich wieder jung, würde ich mich auf Wichtigeres konzentrieren als auf Diäten.

  2. Sehr guter Artikel, danke für die ausführliche Erklärung. Ich bin aus obigen Gründen derzeit auf der Suche nach Role Models/ Vorbilder und möchte diese auf meinem Blog vorstellen. ich suche nach Frauen die – so wie Monika das oben beschreibt- sich auf Wichtigeres konzentrieren und nicht ihr Gewicht zum Mittelpunkt des Lebens erklären. Dicke Frauen, die ihr Leben leben und uns- in schwierigen Momenten- Vorbild sein können.

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